Es gibt Situationen, die gehen einem nahe und zwar auf die unschöne Art. Besonders wenn es um den eigenen Hund geht. Kritik, Belehrungen, Vorurteile treffen da einfach einen wunden Punkt. Wärst du manchmal auch gerne eine Wolfsfrau mit einem dicken Wolfspelz, der dich vor Ärger und all den anderen unangenehmen Gefühlen beschützt?
Lass dich nicht täuschen: So manches dicke Fell ist nur Fake-Fur!
Umgangssprachlich versteht man unter einem dicken Fell die Unempfindlichkeit gegenüber Kritik, Angriffen oder Stress. Manche Menschen – so scheint es zumindest – haben von Natur aus ein dickes Fell. Sie können sich gut abgrenzen und reagieren in vielen Situationen gelassen.Doch bei näherer Betrachtung sieht man, dass viele nur so tun, als würden Kritik, Angriffe und Stress ihnen nichts ausmachen, dabei rumort es in ihrem Inneren. Sie schlucken den Ärger hinunter, bekommen Magengeschwüre oder lassen ihn hinterher an anderen aus. Lass dich nicht täuschen: Die meisten schicken Pelze sind bei näherer Betrachtung nur Fake-Fur.
Was macht einen echten Wolfspelz aus?
Einen echten Wolfspelz stell ich mir anders vor. Er ist wie eine zweite Haut und auf jeden Fall nicht komplett unempfindlich. Im Gegenteil: Natürliche Pelzträger*innen spüren sehr wohl Berührungen, Temperaturunterschiede, Nässe und noch mehr. Das hilft ihnen, in der Wildnis zu überleben.
In vielen Situationen ist es sehr wichtig, zu fühlen. Stell dir nur vor, du könntest deine Körperempfindungen und Emotionen nicht wahrnehmen. Das brächte dich sogar in Gefahr. Ein echter Wolfspelz bietet dir Schutz und ist gleichzeitig empfindsam, so wie du es brauchst und hier sind meine vier Tipps, wie du dir einen echten Wolfspelz zulegst.
1. Schaff einen innerlichen Abstand zwischen dir und der Situation
Wir nehmen das, was wir erleben, nicht objektiv wahr, sondern aufgrund unserer Vorerfahrungen. Unser Gehirn vermischt Beobachtung und Bewertung, damit wir schneller reagieren können. So müssen wir nicht mehr jede Situation neu interpretieren. Das führt aber auch dazu, dass dich deine Wahrnehmung täuschen kann, weil du schon Ähnliches erlebt hast. Um wieder zu mehr Objektivität zu finden, hilft es, die Situation, zu beschreiben, ohne sie gleich zu bewerten. Am besten notierst du dir schriftlich wie in einem Bericht, was passiert ist und beantwortest die Fragen: Wer, wie, wo, was, wann? Aus einer Geschichte wie dieser „mein Hund hat heute Morgen das ganze Dorf geweckt, als uns die Nachbarskatze begegnet ist. Er hasst sie, hat sich total aufgeregt und gemacht wie’s Messer. Ein Nachbar hat wieder genervt das Fenster geschlossen.“ wird dann die Beobachtung „heute Morgen um sieben sind wir einer Katze begegnet, mein Hund hat einen Satz in die Leine gemacht und etwa 10 Sekunden lang gebellt. Ich habe gehört wie in der Nähe ein Fenster geschlossen wurde“. Indem du zwischen Beobachtung und Bewertung unterscheidest, schaffst du einen innerlichen Abstand zwischen dir und der Situation.
2. Finde zurück zu deinem Gefühl
Ein echter Wolfspelz gibt dir die Möglichkeit, dich abzugrenzen und gleichzeitig empathisch zu sein. In Momenten, in denen wir uns ein dickes Fell wünschen, geht es aber erst einmal nicht um Empathie – also Einfühlungsvermögen – für andere, an der Situation beteiligte Menschen oder Tiere, sondern um Abgrenzung. Denn gerade im Stress, wenn das Gehirn übernimmt und wir funktionieren wie Maschinen, verlieren wir die Verbindung zu unseren Gefühlen. Nimm dir also einen Moment Zeit und fühl mal in dich hinein. Wie fühlst du dich gerade? Fühlst du dich ärgerlich, wütend, traurig, müde, ängstlich, …? Bist du enttäuscht, besorgt, stehst du unter Druck, spürst du einen Widerwillen? In dem Beispiel mit der Katzenbegegnung hieße das, deine Müdigkeit, Anstrengung und deinen Frust in der Situation wirklich zu spüren. Dabei muss es dir nicht egal sein, was andere fühlen. Hier geht es lediglich um die Reihenfolge. Wende dich zuerst dir zu.
3. Schenk dir Verständnis
Wenn dir etwas nahegeht, liegt das an deinen Erwartungen und Bedürfnissen an die betreffende Situation. Andere Menschen und Situationen oder auch nur ein Geräusch, wie z. B. das Schließen eines Fensters, sind lediglich der Auslöser für unsere Gefühle. Wie wir das, was andere sagen oder tun, aufnehmen, liegt an uns. Eine Erwartung oder ein Bedürfnis kann z. B. sein, dass du respektiert werden möchtest oder du gerade Rücksichtnahme brauchst, dass du Wertschätzung suchst oder ruhebedürftig bist. Alle deine Bedürfnisse haben ihre Berechtigung. Indem du dein Bedürfnis benennst, ergibt deine Emotion einen Sinn. Du bist ihr nicht mehr hilflos ausgeliefert und kannst dich bzw. deine Reaktion besser verstehen. Kennst du den Auslöser für deine Gefühle? Was hättest du in der Situation gebraucht? (Bedürfnisse sind Ruhe, Sicherheit, Klarheit, Autonomie, Anerkennung, Verständnis, usw.)
4. Handle nach deinen Bedürfnissen
Menschen mit einem dicken Fell bewundern wir häufig deshalb, da es ihnen nicht nur „egal“ ist, was andere über sie denken oder sagen, sie wissen auch genau, was sie brauchen und können danach handeln. In unserem Beispiel würde das heißen, dass der Fellträger Abstand zwischen sich und die Situation schafft, indem er die Bewertung von der Beobachtung trennt (das Schließen des Fensters registriert, aber nichts hineininterpretiert), seinen Ärger wahrnimmt, sich Verständnis dafür schenkt, weil er merkt, dass ihm Schlaf fehlt und schließlich auch danach handelt und die Abkürzung nach Hause nimmt. Es geht also darum, deine Beobachtung (1), deine Gefühle (2) und Bedürfnisse (3) in die Tat umzusetzen, indem du selbst danach handelst oder jemanden darum bittest. Was könntest du in der Situation konkret für dich tun oder worum könntest du jemanden bitten?
Wenn du diese vier Tipps beachtest, wächst dir nach und nach ein dickeres Fell, das dich schützt und gleichzeitig empfindsam ist: ein echter Wolfspelz eben.
Welche Situationen gehen dir besonders nahe? Kannst du dir vorstellen, dann einen von meinen Tipps umzusetzen?