Mit „Wolfssprache“ sind hier nicht die verschiedenen Lautäußerungen dieser wundervollen Tiere gemeint, sondern eine bestimmte Weise, wie wir Menschen mit uns selbst und anderen sprechen.

Der Wolf ist seit jeher ein Symbol des Schreckens. Mit ihm verbinden wir aggressives Verhalten, Angriff und Bedrohung. Der Wolf ist daher auch eines der Symboltiere von Marshall B. Rosenberg, dem Begründer der Gewaltfreien Kommunikation. Bei Rosenberg repräsentiert der Wolf die gewaltvolle Sprache.

Auch wenn der Wolf für das „verbale Zubeißen“ steht, hatte Rosenberg stets einen sehr liebevollen Blick auf ihn. Denn er wusste, dass auch die „Wolfssprache“ eine wichtige Funktion erfüllt. Sie beschützt uns, vergrößert bei Bedarf den Abstand zwischen uns und anderen Menschen.

Leider erlebt man im Bereich des Hundetrainings immer wieder gewaltvolle Sprache, obwohl Hundetrainer*innen doch am liebsten gewaltfrei arbeiten. Hier sind ein paar Beispiele, wie du deine Kund*innen schon mal (ungewollt) verbal auf den Rücken legst:

  • Weil du so bist, ist dein Hund so!
  • Das kenne ich auch, mein Hund war genauso, aber noch viel schlimmer!
  • Kennst du solche Situationen von früher, aus deiner Kindheit?
  • Dein Hund ist echt heftig. Das ist ein krasser Fall, richtig schlimm. Ich denke nicht, dass du ihn irgendwann wieder hinbekommst.
  • Wenn du zu dieser Trainerkollegin gehst, dann brauchst du dich nicht wundern, wenn’s mit deinem Hund nicht klappt.
  • Hundetrainer*in (Hundepsychotherapeut*in, Hundepsycholog*in, usw.) kann sich doch im Prinzip jeder nennen.
  • Trockenfutter?! Willst du deinen Hund vergiften? Du ernährst deinen Hund völlig falsch!
  • Du bist unsicher. Dein Hund merkt das. Immer wenn du unsicher bist, verhält sich dein Hund so.
  • Ach, was. Das ist doch gar nicht schlimm. Schau mal, bei mir macht er das doch so toll.
  • Du musst deinem Hund nur mehr Sicherheit geben.
  • Du wolltest doch so eine Herausforderung, also hör auf zu jammern.
  • Dein erster Hund? Ach, ja, dann musst du noch einiges über Hunde lernen.
  • Im Übrigen gehört Aggressionsverhalten zur Agonistik, sprich ist Normalverhalten und dient dazu, Konflikte zu lösen, indem der Konfliktgegner auf Abstand gehalten wird.
  • Podencos (Huskys, Schäferhunde, Kelpis, Terrier, usw.) sind nunmal so.
  • Um einen Hund richtig zu führen, reicht ein gesunder Menschenverstand.
  • Du solltest deinen Hund besser verstehen.
  • Dein Hund interessiert sich nicht für dich. Du musst dich für ihn interessant machen.
  • Du bist meine liebste Kundin. Du machst das so toll. Die anderen sollten sich an dir ein Bespiel nehmen.

Diese Beispiele kann man zusammenfassen als Schuldzuweisungen, Etikettierungen, Psychologisierungen, Themenklau, Belehrungen, Drohungen/Belohnungen. Dabei ist die „Wolfssprache“ unabhängig von der Hundetrainingsmethode und es ist völlig egal, ob man mit Bestrafung (aversiv) oder mit Belohnung (positiv) arbeitet. Wenn man Menschen im Umgang mit ihren Hunden manipuliert und sie zu etwas bringen will, das sie eigentlich gar nicht (tun) wollen, dann ist das gewaltvoll.

Das Gegenteil von „Wolfssprache“ ist die Giraffensprache. Die Giraffe ist das Tier mit dem größten Herzen. Ihr Herz wiegt 12 Kilogramm! Aus diesem Grund steht sie für die gewaltfreie Sprache – auch Sprache des Herzens genannt. Sie besteht aus der wertfreien Beobachtung, der bewussten Wahrnehmung von Gefühlen, den dahinterliegenden Bedürfnissen und der daraus abgeleiteten Bitte bzw. Wunsch. Das hört sich im ersten Moment kompliziert an, ist es aber nicht. Es braucht nur ein bisschen Übung.

Mit der Sprache des Herzens kannst du anderen Menschen zeigen, dass du sie wirklich verstanden hast und wirst selbst besser verstanden. Vielfach ist dann überhaupt kein Druck mehr nötig, um sie zu etwas zu bewegen, was die Situation erfordert. Die Gewaltfreie Kommunikation hilft dir, deine eigenen Bedürfnisse, die deiner Kund*innen und tatsächlich auch die der Hunde besser zu erkennen, um gezielt auf sie einzugehen.

Hast du dich in einem der Beispielsätze oben wiedererkannt? Mach dich deswegen nicht verrückt. Manchmal fehlt einem die Zeit, man vergisst sich oder kann es gerade nicht ertragen, sich mit den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Erinnere dich: Die „Wolfssprache“ ist ein Ausdruck für das Bedürfnis nach Abstand und so ist es nur verständlich, dass man ab und an einfach mit den Wölfen heulen will.

Kennst du weitere Beispiele für Wolfssprache im Hundetraining? Dann freue ich mich über deinen Kommentar!

Wenn du dich für die Gewaltfreie Kommunikation interessierst, empfehle ich dir das Grundlagenwerk von Marshall B. Rosenberg: Eine Sprache des Lebens. Junfermann Verlag *

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