Es war ein schöner Sommertag und ich war mit meiner Freundin im Wald unterwegs. Wir liefen mit unseren Hunden spazieren, unterhielten uns angeregt. Plötzlich sah mein Hund Cosmo ein Eichhörnchen. Er sprang in die Schleppleine, riss mich dabei fast um. Da ich nicht darauf gefasst gewesen war, hatte sich meine Hand bei der Aktion verdreht und ich schrie vor Schmerz und Schreck: „Cosmo, lass das, du tust mir weh!“
Meine Freundin sah meinen Hund an und sagte streng zu mir: „Anna, schrei doch nicht so, du machst deinem Hund Angst!“ Fassungslos und mit Tränen in den Augen, muss ich sie angesehen haben. Bei mir dachte ich: „Das kann doch nicht ihr Ernst sein, sieht sie nicht, dass er mir gerade weh getan hat?!“ Ihre Worte trafen mich hart und standen wie eine Mauer zwischen uns.
Diese Geschichte erinnert mich daran,
- dass uns unser eigener Schmerz blind und taub machen kann für andere Sichtweisen.
- dass wir, wenn wir mit unserem eigenen Schmerz beschäftigt sind, manchmal anderen weh tun, ohne es zu wollen.
Worte können Fenster sein oder Mauern.
– Marshall B. Rosenberg
Erst wenn wir den eigenen Schmerz heilen und Trost erfahren, öffnet sich wieder ein Fenster und wir können sehen, dass wir anderen dadurch Leid zugefügt haben.
Manchmal ist es ein körperlicher Schmerz, wie die verletzte Hand, manchmal ist es eine verletzte Seele oder gleich beides. Am Ende spielt es keine Rolle, denn beides tut weh.
Trost können wir durch vielfältige Art und Weise finden. Was viele nicht wissen, ist, dass wir nicht darauf warten müssen bis uns ein/e andere/r tröstet, sondern dass wir uns als erwachsene Person jederzeit selbst Trost spenden können, z. B. indem wir uns fragen:
- Was tut mir weh? / Wo tut es weh?
- Was brauche ich jetzt?
- Wie kann ich mir dieses Bedürfnis selbst erfüllen?
In meinem Buch „Dein Hund – Deine Chance. Wie wir mit unseren Hunden wachsen“ findest du auf Seite 106 eine Körperübung dazu.
Heute kann ich die Worte meiner Freundin gut hören. Sie tun mir nicht mehr weh. Ich höre darin sogar den Trost, den ich damals nicht hören konnte, nämlich dass mein Hund mir nicht bewusst schaden wollte. Das wiederum öffnet mein Hundeherz und ich kann sehen, dass ich ihm Angst gemacht habe, indem ich ihn angeschrien habe.